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Verschwiegenheit & Berufsrecht

Die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht für Lebens- und Sozialberater sowie Unternehmensberater in Österreich

In Österreich unterliegen Lebens- und Sozialberater sowie Unternehmensberater einer umfassenden Verschwiegenheitspflicht, die durch gesetzliche Regelungen und berufsrechtliche Standards definiert ist. Diese Verpflichtung schützt die Interessen der Klienten und stärkt das Vertrauen in die Beratungsleistung. Doch was genau regelt die österreichische Rechtslage und welche Pflichten und Grenzen bestehen für Berater?


Die Verschwiegenheitspflicht für Lebens- und Sozialberater

Rechtsgrundlage:
Die Verschwiegenheitspflicht für Lebens- und Sozialberater ist im § 119 Abs. 4 Gewerbeordnung (GewO) festgelegt. Dort heißt es sinngemäß, dass Lebens- und Sozialberater über alle ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit anvertrauten oder bekannt gewordenen Angelegenheiten zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Diese Verschwiegenheitspflicht hat mehrere zentrale Aspekte:

  1. Umfang: Die Pflicht bezieht sich auf sämtliche Informationen, die im Rahmen der Beratung bekannt werden – sei es durch direkte Kommunikation, Dokumente oder Beobachtungen.
  2. Dauer: Die Verschwiegenheitspflicht endet nicht mit der Beendigung des Beratungsverhältnisses, sondern gilt auf unbestimmte Zeit weiter.
  3. Ausnahme: Eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht ist nur durch eine ausdrückliche Zustimmung des Klienten möglich.

Beispiele aus der Praxis:

  • Ein Klient berichtet einem Lebens- und Sozialberater, dass er sich in einer schwierigen Beziehungssituation befindet und überlegt, rechtliche Schritte gegen seinen Partner einzuleiten. Diese Information darf nicht an Dritte weitergegeben werden, es sei denn, der Klient wünscht dies ausdrücklich.
  • Sollte der Berater Kenntnis von einer begangenen Straftat, z. B. Diebstahl, erlangen, bleibt die Verschwiegenheitspflicht bestehen, sofern keine ausdrückliche Entbindung erfolgt. Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch für den Fall einer Zeugenladung vor Gericht, sofern es keine ausdrückliche Entbindung gibt.

Grenzen bei begangenen schweren Straftaten:
Eine besondere Herausforderung ergibt sich, wenn der Klient von bereits getätigten, schweren Straftaten wie Mord oder sexueller Gewalt berichtet. Anders als in bestimmten Gesundheitsberufen (z. B. Ärzte gemäß § 54 Ärztegesetz) besteht für Lebens- und Sozialberater keine gesetzliche Anzeigepflicht. Die Verschwiegenheit bleibt auch in diesen Fällen bestehen. 

Ankündigung schwerer Straftaten oder akute Suizidgefährdung

Kommt es zu einer Ankündigung schwerer Straftaten im Rahmen einer Beratung kann eine Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht nach § 119 Abs. 3 GewO wirksam werden. Der Lebensschutz steht im Vordergrund und ist höher als die Verschwiegenheit zu bewerten. Dies kann der Fall sein bei:

  • Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit: Die Verschwiegenheitspflicht gilt als aufgehoben, wenn es zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr notwendig ist.
  • Schwere Straftaten: Wenn der Berater Kenntnis von einer geplanten schweren Straftat erhält, könnte es eine rechtliche Verpflichtung geben, diese zu melden (z. B. § 286 StGB, „Nichtanzeige geplanter Straftaten“).
  • Akute, konkrete Ankündigung eines Suizids: Der Schutz des Lebens überwiegt die Verschwiegenheitspflicht, wenn eine akute Gefahr besteht. Das Unterlassen von Hilfe könnte als unterlassene Hilfeleistung (§ 95 StGB) interpretiert werden. In weniger akuten Fällen sollte versucht werden, die Situation gemeinsam mit dem Klienten zu bewältigen, ohne die Verschwiegenheitspflicht zu brechen.

Die Verschwiegenheitspflicht für Unternehmensberater

Rechtsgrundlage:
Für Unternehmensberater ist die Verschwiegenheitspflicht im §11 UWG, §6 DSG und in Punkt 4 der Berufsgrundsätze und Standesregeln der Unternehmensberater geregelt.

Besonderheiten bei Unternehmensberatern:

  • Unternehmensberater arbeiten oft mit sensiblen Daten wie Geschäftsplänen, Finanzinformationen oder strategischen Dokumenten. Die Verschwiegenheitspflicht erstreckt sich auf alle Informationen, die im Rahmen der Beratung erlangt werden.
  • Anders als Lebens- und Sozialberater betreffen die Informationen selten persönliche, sondern meist wirtschaftliche Angelegenheiten. Dies ändert jedoch nichts an der strikten Verschwiegenheitspflicht.

Beispiele aus der Praxis:

  • Ein Unternehmen offenbart einem Berater eine geplante Übernahme, die erst zu einem späteren Zeitpunkt öffentlich bekannt gegeben werden soll. Der Berater darf diese Information weder privat noch beruflich nutzen oder weitergeben.
  • Der Berater erhält Einsicht in interne Dokumente, die auf unlauteren Wettbewerb hindeuten. Auch in diesem Fall darf der Berater die erhaltenen Informationen nicht an Dritte weitergeben, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Entbindung vor.

Abwägung von Verschwiegenheit und moralischer Verantwortung

In der Praxis können Berater in moralische Dilemmata geraten, insbesondere bei schweren Straftaten. Obwohl die rechtliche Verschwiegenheitspflicht Vorrang hat, können Berater versuchen, Klienten zur Selbstanzeige zu bewegen. Eine eigenmächtige Anzeige ohne Zustimmung des Klienten wäre jedoch ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht.


Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Verschwiegenheitspflicht ist ein zentrales Element der beruflichen Tätigkeit von Lebens- und Sozialberatern sowie Unternehmensberatern in Österreich. Sie schafft Vertrauen und schützt die Interessen der Klienten. 

Die Verschwiegenheitspflicht ist nicht nur eine rechtliche solide verankerte Vorgabe, sondern ein elementarer Bestandteil der Berufsethik – ihr korrekter Umgang ist essenziell für den Erfolg und die Seriosität der Ausübung dieser beratenden Gewerbe.

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