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Komplexitätsstufen K0 bis K4: Ausführliche Beschreibung und Anwendung

Das Modell der Komplexitätsstufen (K0 bis K4) des FormWelten-Projektes von Gitta und Ralf Peyn beschreibt unterschiedliche Ebenen des Denkens und Entscheidens in komplexen Situationen. Jede Stufe repräsentiert eine tiefergehende Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten, Zusammenhänge zu erkennen und Handlungen abzuleiten. Die folgende Darstellung zeigt, wie jede Stufe in einer typischen Alltagssituation sowie einer Führungssituation angewandt wird und welche Verhaltensweisen eine Führungskraft auf dieser Stufe zeigt.


K0: Wahrnehmung ohne tiefere Verarbeitung

Beschreibung der Stufe

Auf K0 wird die Welt in isolierten Reizen wahrgenommen, ohne dass diese in Beziehung gesetzt oder analysiert werden. Es findet lediglich eine unmittelbare, oft instinktive Reaktion statt. Reflexhaftes Handeln und kurzfristige Orientierung sind typisch.

Alltagssituation: Ein Stau auf dem Arbeitsweg

  • Sichtweise: Die Person nimmt nur den aktuellen Moment wahr. „Da ist ein Stau. Ich kann nichts machen.“
  • Verhalten: Keine aktive Problemlösung. Die Person bleibt im Auto sitzen und ärgert sich oder wird ungeduldig, ohne Alternativen in Betracht zu ziehen.

Führungssituation: Team bringt schlechte Ergebnisse

  • Sichtweise: Die Führungskraft sieht nur die aktuellen Zahlen. „Das Ergebnis ist schlecht.“
  • Verhalten: Die Reaktion ist impulsiv oder reaktiv. Es könnte zu Schuldzuweisungen kommen, ohne die Ursachen zu analysieren oder Lösungen anzustreben.

K1: Lineares Denken

Beschreibung der Stufe

K1 konzentriert sich auf klare Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. Probleme werden vereinfacht, und die Lösung ist direkt auf die sichtbare Ursache gerichtet. Komplexität wird ignoriert.

Alltagssituation: Ein Stau auf dem Arbeitsweg

  • Sichtweise: „Ich bin im Stau, weil zu viele Autos unterwegs sind.“
  • Verhalten: Die Person bleibt ruhig und wartet ab. Sie plant vielleicht, am nächsten Tag früher loszufahren, um den Stau zu vermeiden.

Führungssituation: Team bringt schlechte Ergebnisse

  • Sichtweise: „Das Team hat schlecht gearbeitet, daher ist das Ergebnis schlecht.“
  • Verhalten: Die Führungskraft gibt klare Anweisungen: „Arbeitet härter, damit das Ergebnis besser wird.“ Sie sucht nicht nach tieferen Ursachen, sondern geht von einem einfachen Zusammenhang aus.

K2: Systemisches Denken

Beschreibung der Stufe

Auf K2 wird die Situation als Teil eines Systems verstanden. Es werden Wechselwirkungen und Rückkopplungen erkannt. Problemlösungen sind nicht mehr eindimensional, sondern berücksichtigen die Dynamiken innerhalb des Systems.

Alltagssituation: Ein Stau auf dem Arbeitsweg

  • Sichtweise: „Der Stau entsteht durch das Zusammenspiel von Stoßzeiten, Straßenkapazität und Fahrerentscheidungen.“
  • Verhalten: Die Person sucht aktiv nach Alternativen, wie z. B. eine andere Route oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Sie versteht, dass ihre eigene Entscheidung Teil des Systems ist.

Führungssituation: Team bringt schlechte Ergebnisse

  • Sichtweise: „Das Team arbeitet schlecht, weil es nicht gut organisiert ist oder die Prozesse ineffizient sind.“
  • Verhalten: Die Führungskraft analysiert das Zusammenspiel von Prozessen, Ressourcen und Teamdynamik. Sie passt Arbeitsabläufe an oder gibt gezielte Schulungen, um die Ergebnisse zu verbessern.

K3: Meta-systemisches Denken

Beschreibung der Stufe

K3 erweitert das systemische Denken auf mehrere Systeme. Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Systemen werden analysiert, und es wird reflektiert, wie Entscheidungen in einem Bereich Auswirkungen auf andere Bereiche haben.

Alltagssituation: Ein Stau auf dem Arbeitsweg

  • Sichtweise: „Der Stau ist nicht nur ein Verkehrsproblem, sondern auch ein gesellschaftliches und infrastrukturelles Thema.“
  • Verhalten: Die Person berücksichtigt langfristige Lösungen, z. B. den Wechsel auf klimafreundliche Verkehrsmittel oder die Unterstützung für bessere Stadtplanung.

Führungssituation: Team bringt schlechte Ergebnisse

  • Sichtweise: „Die Ergebnisse sind schlecht, weil das Team nicht nur interne Probleme hat, sondern auch von externen Faktoren wie Marktdruck oder Kundenanforderungen beeinflusst wird.“
  • Verhalten: Die Führungskraft entwickelt systemübergreifende Strategien. Sie optimiert nicht nur die internen Prozesse, sondern auch die Zusammenarbeit mit externen Partnern oder anderen Abteilungen.

K4: Trans-systemisches Denken

Beschreibung der Stufe

K4 überwindet die Grenzen einzelner Systeme und sucht nach universellen Prinzipien und Mustern. Entscheidungen werden unter Berücksichtigung von ethischen, sozialen und langfristigen Auswirkungen getroffen.

Alltagssituation: Ein Stau auf dem Arbeitsweg

  • Sichtweise: „Der Stau ist Ausdruck eines größeren gesellschaftlichen Problems: der Abhängigkeit von Individualverkehr.“
  • Verhalten: Die Person hinterfragt ihre eigene Rolle im System und engagiert sich vielleicht für gesellschaftliche Veränderungen, wie die Förderung von nachhaltigem Verkehr oder urbanen Mobilitätskonzepten.

Führungssituation: Team bringt schlechte Ergebnisse

  • Sichtweise: „Die schlechten Ergebnisse spiegeln eine größere Herausforderung wider, wie z. B. die Rolle des Unternehmens in der Gesellschaft oder die Werte, die wir leben.“
  • Verhalten: Die Führungskraft nutzt die Situation, um eine größere Vision zu entwickeln. Sie arbeitet an der Unternehmenskultur, stärkt ethische Werte und entwickelt eine langfristige Strategie, die nicht nur auf Leistung, sondern auch auf Sinn und gesellschaftliche Verantwortung abzielt.

Zusammenfassung der Verhaltensweisen

Komplexitätsstufe Alltagssichtweise Führungssichtweise
K0 Impulsiv, keine Alternativen bedacht Reaktiv, Schuldzuweisungen
K1 Einfaches Ursache-Wirkungs-Denken Klare, aber eindimensionale Anweisungen
K2 Wechselwirkungen innerhalb eines Systems Prozessanalyse und systemische Lösungen
K3 Verbindung zwischen mehreren Systemen Ganzheitliche Strategien über interne und externe Systeme
K4 Universelle Muster und Prinzipien Visionäres Denken, ethische und langfristige Entscheidungen

Dieses Modell zeigt, wie unterschiedlich wir komplexe Situationen wahrnehmen und darauf reagieren können. Es lädt dazu ein, die eigene Denkweise zu reflektieren und gezielt auf höhere Stufen hinzuarbeiten, um Komplexität effektiver zu managen.

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